Zu den Bildern von Roland Pirk-Bucher
Was zunächst auffällt ist die Technik. In sogenannt altmeisterlicher Manier schafft er Ölgemälde,
die jedoch weder altertümlich noch altmodisch sind, sondern brisant. Hievon später mehr.
Und: er malt "zweiseitig". Eine Reihe seiner Bilder ist aus dem Inneren entstanden
(man könnte diese "In-Bilder" nennen) - die andere Reihe zieht Vorlagen heran,
verfremdet diese sogenannt "alten Meister". Auch hievon später mehr.
Zu den "In-Bildern". Kafka schrieb: "Die innere Welt lässt sich nur leben, nicht beschreiben."
Vielleicht aber malen? Eine nach aussen gestülpte Introversion, eine Version pro Bild?
Ich frage.
Nun zu den Bildern nach Vorlagen von Renaissance-Malern wie Leonardo da Vinci,
Holbein d.J. , Dürer, Bellini, Raffael u.a. (aber auch nach Fotos).
Indem Roland Pirk-Bucher die Vor-Bilder ummalt, also verfremdet, bringt er die Repräsentation
heillos durcheinander - ich erinnere an "Las Meninas" des Velazquez und die Interpretation
des Bildes von Michel Foucault in "Die Ordnung der Dinge".
Heillos? Ein Zeichen der Zeit? Jedenfalls: etwas stimmt nicht an diesen Bildern
und dies ist keine Frage der Technik; da wird eine Art Manierismus oder Symbolysmus
im Kontext verschoben - in die heutige Zeit. Verschoben: es stimmt nicht überein.
Wir wissen das beim Betrachten - als wär’ s ein Zitat, das wir dunkel kannten.
Doch was ist ein Zitat? Etwas Wiedererlebtes, das sich selbst erkennt. Das ist brisant.
Ob diese Bilder von Roland Pirk-Bucher eine Parodie oder Ironie sind: die Figur wird dem
Figurativen entzogen, wird zum Humor des Figuralen, es ist der Humor des Roland Pirk-Bucher
(der auch im Objekt "Mein Kamm" aufblitzt).
Ich weiss nicht genau, weshalb mir immer wieder das Platten-Cover von Sgt.Peppers in den Sinn
kommt, wenn ich die Bilder von Roland Pirk-Bucher betrachte. Ist's die Verdopplung der Beatles (sie
posieren da neben den Wachsfiguren ihrer selbst). Es muss wohl diese Verschiebung sein
- als sähe man zwei Monde, was auf Rausch schlussfolgern lässt.
Ich bezeichne dies als SKIZZOphrenie in Öl des Roland Pirk-Bucher:
ob von Innen heraus oder nach Vorlagen, er schafft Verwirrung, Beunruhigung,
Erschütterung. Der französische Philosoph und Schriftsteller Georges Bataille sagte einst
in einem Interview, er sei stolz darauf, ein wenig Verwirrung gestiftet zu haben.
Ich wage zu sagen: Roland Pirk-Bucher schafft dazu noch Magie, denn er ist in und mit seinen
Gemälden auf der Suche nach der Aura, die Walter Benjamin im Zeitalter der Reproduzierbarkeit
für schon verloren hielt. Mittels Verschiebung und Verfremdung versucht er das Bild im Bild zu
machen, die Ikone par excellence. (Übrigens: wie wurden die Bilder von van Gogh etwa zu Ikonen
ihrer selbst? Ah, da kommt schon Warhol daher...).
Kunst (Malerei) als Suche nach intensiverem Leben ist dessen Ausdruck - und Kompensation des
Verpassten auch. Im Grunde aber ist Roland Pirk-Bucher auf der Suche nach dem Urbild (christlich) -
wie die Juden nach dem Urtext. Die Varationen sind unendlich...
"Wie viel von mir ist noch drin im Bild, das ich male", fragt er sich. Doch auch er will ja "Ferien vom
Ich". Also: du musst dich ins Bild einbringen, um dich loszuwerden, dann kommst du auf die Welt.
Und da sind wir jetzt - mit ihm.
24. Mai 1997 Bojarek Garlinski
Della Casa Cham 1997